Was ist eine gute Frage?



Mit den ersten sonnig-warmen Maitagen wurde nun endlich die Badesaison eröffnet. Zeit, die über den Winter angefutterten Winterreifen abzustreifen. Nun ja, ob überhaupt Winterreifen vorhanden sind, ist Ansichtssache. Vielmehr, es ist sogar eine kosmische Frage. Denn auf dem Mond beträgt unser Körpergewicht gerade mal ein Sechstel jener Zahl, die uns unsere Personenwage hier auf der Erde anzeigt. Was kümmert uns also das Kilo, wenn es auf dem Mond gerade mal 160 Gramm wiegt?

Isaac Newton und seine gute Frage

Die Erkenntnis, dass unser Gewicht planeten-abhängig ist, verdanken wir vor allem Isaac Newton und seiner genialen Frage. So soll sich Newton um 1660 gefragt haben, weshalb ein Apfel stets senkrecht vom Baum auf den Boden fällt und nicht seitwärts oder aufwärts. Newton folgerte, dass die Erde den Apfel anzieht und Materie über ziehende Kraft verfügt. So entstand sein berühmtes Gravitationsgesetz. Der Mond verfügt über deutlich weniger ziehende Kraft bzw. Gewichtskraft als die Erde. Deshalb sind wir auf dem Mond ein Fliegengewicht.

Die 5 Pfeiler einer guten Frage

Am Anfang des monumentalen Gravitationsgesetzes stand also eine gute Frage. Auch am Anfang jedes guten Data Science-Projektes steht eine gute Frage. Nur ist es eben nicht immer einfach, diese gute Frage zu finden. Oftmals stehen Unternehmen vor dem Problem, dass sie zwar über sehr grosse Datenmengen verfügen, aber nicht wissen, was sie damit machen sollen. Ihnen fehlen die guten Fragen.

Was ist denn aus Data Science-Sicht eine gute Frage? Eine Antwort dazu liefern die Professoren Roger D. Peng und Elizabeth Matsui von der Johns Hopkins University:

  • Eine gute Data Science-Frage sollte von Interesse sein
  • Sie sollte noch nicht beantwortet sein
  • Sie sollte auf plausiblen Hypothesen beruhen
  • Sie sollte zu beantworten sein
  • Sie sollte so spezifisch wie möglich sein

Wo drückt der Schuh?

Eine Frage ist für ein Unternehmen dann von Interesse, wenn ihre Beantwortung Probleme und Ineffizienzen im Unternehmensalltag beseitigt, Kosten senkt, Erträge steigert, neue Geschäftsfelder aufzeigt und Innovationen hervorbringt. Eine gute Frage behandelt jene Bereiche, in denen der Schuh am stärksten drückt oder das grösste Ausschöpfungspotenzial besteht.

Wiederholte Beantwortung ist möglich

Der zweite Punkt ist mit Vorsicht zu geniessen. Denn es kann durchaus Sinn machen, eine bereits beantwortete Frage nochmals zu beantworten. So lassen zum Beispiel neue Technologien die bisher optimale Gestaltung von internen Prozessen in einem anderen Licht erscheinen. Mit der Einführung einer neuen Technologie muss sich ein Unternehmen unter Umständen erneut die Frage stellen, wie bestimmte Abläufe effizient gestaltet werden können.

Business-Knowhow liefert plausible Fragen

Eine gute Frage bezieht zudem immer Business-Knowhow und die Erfahrungen der Mitarbeitenden ein. Natürlich kann man sich fragen, ob die Einkäufe in einem Schweizer Onlineshop für Babynahrung zurückgegangen sind, weil im Himalaya-Gebirge viel Schnee gefallen ist. Die Frage ist nicht falsch, sie beruht einfach auf wenig plausiblen Hypothesen. Probleme oder neue Geschäftsmöglichkeiten beruhen in der Regel immer auf spezifischen Markt- und Unternehmensgegebenheiten. Diese müssen bei der Erstellung einer plausiblen und guten Frage berücksichtigt werden. Mitarbeitende und ihre Erfahrungen spielen deshalb eine zentrale Rolle.

Ohne die richtigen Daten keine Antwort

Will man eine Frage beantworten, braucht man Anhaltspunkte. Will man eine datenbasierte Antwort, braucht man passende Daten. Aus Sicht der Datenwissenschaft ist eine Frage also beantwortbar, wenn entsprechende Daten und Analysewerkzeuge vorhanden sind, um eine plausible Antwort zu liefern. Hat man zum Beispiel keine Daten zum Alter seiner Kunden, kann man keine datenbasierte Antwort liefern zur Frage „Ist unser Produkt bei älteren Kunden oder eher bei jüngeren Kunden beliebt“. Man kann nur vermuten.

Je präziser umso besser

Schliesslich muss die Frage für eine datenbasierte Antwort sehr spezifisch sein. Man muss die Frage in verschiedene Kennzahlen umwandeln können, damit man in den Daten nach einer Antwort suchen kann. So ist zum Beispiel die Frage „Können wir mithilfe des Wetters unseren Webtraffic prognostizieren?“ für Datenanalysen zu ungenau. Sprechen wir bei dieser Frage vom Wetter in Honolulu oder vom Wetter in der Region Zürich? Sprechen wir ausserdem vom Traffic auf der gesamten Webseite oder vom Traffic auf spezifischen Unterseiten? Diese Präzisierungen sind notwendig, damit die richtigen Daten zusammengetragen und analysiert werden können.

Mit Musse zur guten Frage

Nun wissen wir, was eine gute Frage ist. Sie zu finden dürfte dennoch nicht immer einfach sein. Es kann sein, dass man etwas Musse braucht, um ihr auf die Schliche zu kommen. Vielleicht hilft hier ein entspannter Nachmittag in der Badi und die Gewissheit, dass man trotz möglicher Winterreifen auf dem Mond noch immer ein Fliegengewicht ist.

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